Wall mit Geschichte

Wie durchlässig soll eine Landesgrenze sein? Diese Frage diskutiert Europa nicht erst seit der jüngsten Einwanderungswelle. Während die Deutschen sich ungewohnt gastfreundlich zeigen, schotten sich ihre nördlichen Nachbarn weiter ab. Eine Haltung mit Tradition. Schon vor eineinhalb Jahrtausenden begann das Nordvolk, seine Landbrücke abzuriegeln, um Eindringlinge aus dem Süden – egal ob Franken, Sachsen oder Slaven – abzuwehren. Über viele Jahre entstand so ein 30 Kilometer langer Wall zwischen Hollingstedt an der Treene und Haithabu an der Schlei: Das Danewerk. Fahrradwege, Spazierpfade durch geschützte Landschaften locken im Sommer viele Besucher in die historische Grenzregion. Das Danewerk gilt als größtes archäologisches Denkmal Nordeuropas. Einst bestehend aus Wällen, Gräben, Palisaden und einem Sperrwerk durch die Schlei, erhebt sich das Bollwerk auf der Schleswiger Landenge noch heute auf etwa 80 Prozent seiner Ursprungslänge. Ein System aus Wällen, das großteils in der Zeit zwischen 500 und 1200 zur Verteidigung der Südgrenze errichtet wurde. Bei den jüngsten Ausgrabungen bis 2013 konnte am Dorfrand von Dannewerk ein sechs Meter breiter Durchlass lokalisiert und hölzernes Baumaterial dank der C14-Methode auf die Zeit um 500 rückdatiert werden. Ein Alter, das die Archäologen überraschte. Das schon in fränkischen Annalen als einziges Tor beschriebene „Wiglesdor“ öffnet sich unweit des Danewerkmuseums, fast an der Schnittstelle zwischen Bollwerk und Ochsenweg. Diese nord-südliche Handelsachse, von den Dänen als Heerweg bezeichnet, diente im Mittelalter zum Transport von Lebendvieh aus Jütland über Rendsburg bis Wedel und weiter, zu den Schlachthöfen der aufkommenden Großstädte. Auch Pilgerer und Kuriere nutzten die Verbindung. Die Museumsadresse zwischen historischer Stätte und altem Dorfkrug könnte nicht passender sein: Ochsenweg 5. Träger der Kulturstätte an der berühmten Mauer ist der Südschleswigsche Verein, die Mehrzahl der jährlich über 15.000 Besucher kommt aus dem Königreich mit der weiß-roten Flagge. „Das Bauwerk hat eine immense Bedeutung für die dänische nationale Geschichte“, erklärt Museumsleiter Nis Hardt – ein schleswig-holsteinischer Minderheits-Däne, der dreisprachig aufwuchs. Das Danevirke Museum – so der offizielle Name – erzählt im Erdgeschoss die Geschichte des Walles, seiner Bauabschnitte und wechselnden Materialien. Darüber befindet sich eine Dauerausstellung über das Leben der dänischen Minderheit in Südschleswig von 1864 bis heute. Das Haus hat in der Vorsaison außer montags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Weitere Infos, auch zu Anfahrt und Preisen gibt es unter: www.danevirkemuseum.de Jutta Ehmsen

Bild: Zu Besuch: Die isländische Kulturmininsterin Katrín Gunnarsdóttir

Bild: Nationales Denkmal der Dänen: Nis Hardt leitet das Museum am Danewerk.

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