„Angie, you‘re beautiful, yeah“

Kiel ist nicht nur eine „Sailing City“. Sportlich gesehen besteht die Stadt seit dem 30. Januar nicht mehr hauptsächlich aus Handball, Fußball oder Segeln. Kiel ist Tennis-Stadt. Angelique Kerber hat an diesem Tag in Melbourne Sportgeschichte geschrieben. 17 Jahre nach dem French-Open-Erfolg von Steffi Graf holt die Kielerin wieder einen Grand-Slam-Titel nach Deutschland. In drei Sätzen besiegte Kerber bei den Australien-Open die Titelverteidigerin Serena Williams. Dabei begeisterte die Linkshänderin mit ihrem abwechslungsreichen Spiel nicht nur die 15.000 Zuschauer im Stadium, sondern auch zweieinhalb Millionen Deutsche, die live vorm Fernseher dabei waren. Auch im Clubhaus der Tennisgesellschaft Düsternbrook, indem Angie bis zum dreizehnten Lebensjahr Mitglied war, hatten sich viele Tennisfreunde zum spannenden Fernseherlebnis eingefunden. Viele Daumen wurden für Angelique gedrückt, die Punkte bejubelt, und am Ende entlud sich die Anspannung, in einem befreienden Jubel. Angelique schaffte es mit ihrer starken Leistung, Serena Williams in drei Sätzen zu besiegen. Ein leidenschaftliches Match, bei dem am Ende der eine oder andere Zuschauer auch ein paar Tränen der Rührung verdrückte. Schon als kleines Kind hat Angelique davon geträumt, ganz vorne mitzuspielen – und nun hatte sie es wirklich geschafft. Ihr Traum wurde wahr. 1988 hatte die Tennisgesellschaft Düsternbrook Slavomir Kerber, Angeliques Vater, als Trainer nach Kiel geholt. Die Familie Kerber zog wenig später in eine Wohnung über dem Tenniscenter Kiel ein. Hier hatte sie zusätzlich im Winter optimale Trainingsbedingungen. Wann immer die Tochter Lust auf Tennis hatte, musste sie nur ein paar Stufen hinunter gehen und konnte in der Halle spielen. Schon 1997 hieß es in der Clubzeitung des Vereins: „Ein besonderes Talent scheint mit der Düsternbrookerin Angelique Kerber heranzureifen. Als weitaus Jüngste glänzte sie bei den Verbandsmeisterschaften mit Ballverliebtheit, Spielübersicht und mutigem Angriffstennis.“ Drei Jahre später berichtete ihre Mutter Beata an gleicher Stelle, dass ihre zwölfjährige Tochter viermal die Woche trainiere, dreimal Tennis und einmal Konditionstraining. Fast jedes Wochenende stünden Turniere an und jährlich lege die Familie rund 20.000 Kilometer für Training und Turniere zurück. In diesem Jahr spielte Angie erstmals auch europäische Turniere. Nach dem Schulabschluss im Jahre 2003 startete „Angie“ dann auf der Profitour. Ein langer Weg mit vielen Höhen und Tiefen begann, der schließlich nach Melbourne führte, wo sich ein Lebenstraum erfüllte. Es ist nicht nur der große Erfolg der Weltklassespielerin, der die Herzen öffnet, sondern Angelique´s freundliches und bescheidenes Auftreten in den Medien, das sie zum Vorbild für alle Tennisspieler macht – zum Aushängeschild für den Sport. Nach ihrer Rückkehr aus Australien erklärte Angelique: „Es gibt in Deutschland noch immer das Tennisfieber. Es schlummerte da etwas, das nur erweckt werden musste.“ Gerade nach den vielen Korruptions- und Dopingskandalen in der Vergangenheit, braucht der Sport solche Erfolge und Vorbilder, die für ein Wir-Gefühl sorgen. Die Tennisfans durften sich wie die Fußballer nach einer gewonnenen Weltmeisterschaft fühlen: Wir haben gewonnen. Ja, die Kieler haben den Triumph gemeinsam erlebt, mitgefiebert, haben aufgestöhnt, wenn der Ball ins Netz ging, haben die siegreichen Stopps, wenigstens in Gedanken, kurz hinterm Netz aufkommen lassen. Solche „gemeinsamen“ Siege verbinden und machen Lust auf mehr. Diese Begeisterung spürte auch Angelique, als sie sich in ihrer Heimatstadt Kiel in das goldene Buch der Stadt eintrug: „Ich spüre diese unglaubliche Begeisterung in der Stadt, und es freut mich, dass Tennis wieder wahrgenommen wird.“ Dieses neue Interesse am Tennis lässt auf einen Boom wie nach Boris und Steffis Erfolgen in den 1980er und 1990er Jahren hoffen. Angelique Kerber hat vorgelegt, jetzt liegt es an den Vereinen zu zeigen, wie toll dieser Sport ist. Die bundesweite Initiative des Deutschen Tennis Bundes „Deutschland spielt Tennis“ wird nun schon zum 10. Mal am letzten Aprilwochenende in vielen Vereinen des Landes durchgeführt: Die Tennisgesellschaft Düsternbrook e.V. erwartet wieder viele Tennisbegeisterte am 23. und 24. April, jeweils ab 11 Uhr, mit einem umfangreichen Spiel- und Trainingsangebot. Hella Rathje 1. Vorsitzende Tennisgesellschaft Düsternbrook e.V.

Bild: Die Tenniskarriere von Angelique Kerber begann in Düsternbrook. Fotos Frank Molter; Tennisgesellschaft Düsternbrook e.V.

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